Michael – zuerst einmal herzliche Gratulation! Zum dritten Mal in Serie – wird es zur Routine?
Nein, Routine wird sowas nie. Man muss immer wieder hart arbeiten und viel Aufwand betreiben, um einen solchen Titel zu gewinnen, so kann es gar nicht zu Routine werden.
Hast du jemals an einer Titelverteidigung gezweifelt?
Wir hatten dieses Jahr eine etwas spezielle Konstellation, indem wir gegen die beiden stärksten Konkurrenten Wäseli und Bern-Beundenfeld gleich am ersten Wochenende spielten. Da wir beide Spiele gewinnen konnten, war das natürlich schon ein grosser Schritt. Aber im Sport ist schnell vieles passiert und man muss jeden Gegner ernst nehmen.
Dieses Jahr ohne das Punktemaximum – schmerzt das?
Für die Mannschaft und den Titel eigentlich nicht. Mich persönlich nervt es ein bisschen, da ich bei dieser Nummer mit dabei war und falsch reagiert habe. Die geht also ein bisschen auf meine Kappe.
Was war in diesem Jahr anders als in den Vorjahren?
Wie schon erwähnt die etwas spezielle Konstellation zu Saisonbeginn, dass die beiden stärksten Gegner gleich in den ersten beiden Spielen warteten. Wir begannen in Bern im ersten Umgang schwach und waren etwas verunsichert. Danach legten wir aber 3 Umgänge (Ries 3+4 gegen Beundenfeld und das ganze Spiel gegen Wäseli) auf sehr hohem Niveau hin. Das gab dann eine optimale Basis für die Saison.
Habt Ihr auf diese Saison hin etwas anders gemacht in der Vorbereitung, damit es eben nicht zur Routine wird?
Nein, wir haben nichts geändert. Es ist aber natürlich so, dass wir individuell reifer geworden sind und die Mannschaft sich deshalb aus meiner Sicht weiterentwickelt hat.
Ihr stellt mit Stefan Studer auch den Einzelsieger. Erstaunlich in einer so guten Mannschaft, die sich gegenseitig bei der kleinsten Schwäche sofort viele Rangpunkte wegnimmt. Wie schätzt du seine Leistung ein?
Das ist absolut grandios und fast schon ausserirdisch. Was er geleistet hat verdient grossen Respekt. Wenn man bedenkt, dass wir mit Simon Erni auch noch den Drittplatzierten stellen, wird schnell klar, wie wenig es in unserer Mannschaft verträgt und ein paar Rangpunkte sind weg.
Über die Zielsetzung für die Feste brauchen wir wohl kaum zu diskutieren. Wie bereitet Ihr Euch darauf vor?
Wir werden an den Festen nicht in Bestbesetzung antreten können. Lukas Wälti ist nach wie vor verletzt und am Interkantonalen Fest in Oberönz werden Stefan Studer und Marco Beer fehlen. Selbstverständlich wollen wir aber das Oberaargauische Fest gewinnen und auch am Interkantonalen eine möglichst gute Leistung abrufen. Da Oberönz aber das wohl am stärksten besetzte Interkantonale ist wäre es vermessen, nun vom Festsieg als Ziel zu sprechen. Wir wollen mit denjenigen Leuten, die dort sind unsere Bestleistung abrufen und dann werden wir sehen, zu was das reicht. Eine spezielle Vorbereitung haben wir nicht geplant. Wir werden diese Woche den ganz normalen Trainingsbetrieb aufrechterhalten und dann nächstes Wochenende ans Fest gehen.
Nach den Festen folgt schon die Transferzeit. Bleibt Ihr zusammen oder sind Veränderungen in der Mannschaft zu erwarten?
Simon Leuenberger und Beat Beck werden 2020 eine Saison pausieren. Simon wird uns im Notfall zur Verfügung stehen, falls wir verletzte Spieler haben. Wir werden aber auch zwei Neuzuzüge haben. Beat Hofer und Jürg Schneeberger (beide Bern-Beundenfeld) werden auf die neue Saison hin zu uns stossen.
Michael – vielen Dank für das Interview und viel Glück an den Hornusserfesten!
Danke!
Die Einzelkonkurrenz der Schweizermeisterschaft entschied Stefan Studer (Höchstetten) in einer noch nie dagewesenen Souveränität für sich. Er totalisierte in 15 Spielen 1465 Schlagpunkte, was einer durchschnittlichen Streichlänge von 24.41 entspricht und sicherte sich damit nach 2014 zum zweiten Mal den Titel. Wahrlich ein stolzes Resultat, werden doch die allermeisten Hornusser eine ganze Karriere lang nie einen Streich schlagen, der auch nur annähernd an diese Marke kommt – Studer schaffte das über 15 Spiele im Durchschnitt! Seine damit erreichten 439 Rangpunkte (nur gerade 11 Punkte unter dem Maximum) zeugen eindrücklich von seiner Stärke. Die Leistung gewinnt nochmals an Bedeutung, wenn man bedenkt, dass Studer in der mit Abstand schlagstärksten Mannschaft spielt und sich dementsprechend in jedem der 15 Spiele mit der stärksten Konkurrenz messen musste. Veranschaulicht wird das eindrücklich damit, dass sich mit Simon Erni auf Rang 3 und Michael Kummer auf Rang 4 zwei Mannschaftskollegen von Studer in den besten 4 platzieren konnten. Einzig der letztjährige Sieger Simon Habegger (Utzigen) vermochte sich als Zweiter inmitten der Höchstetter zu platzieren. Mit Stefan Studer gewinnt der kompletteste Athlet, welcher neben der absoluten Streichlänge auch mit einer Sicherheit aufwartet, die beeindruckend ist. Er repräsentiert den modernen Spitzenhornusser in idealer Weise. Polysportiv, dynamisch, mannschaftsdienlich und sympathisch. Ein wahrlich verdienter und grosser Sieger
Stefan, zuerst einmal herzliche Gratulation zum Sieg in der SM – beschreib mir Deine Gefühle
Danke! Zuerst einmal bin ich froh, dass es durch ist. Natürlich bin ich auch überglücklich über das Erreichte, habe aber im Moment etwas Mühe meine Gefühle so wirklich auszudrücken.
Ab wann hast du geglaubt, dass es reichen könnte?
Eigentlich erst ab dem zweiten Streich im heutigen Spiel. Dieser hatte für mich so einen Aha-Effekt. Irgendwie wurde mir bewusst, dass es geht und vor allem wie es geht.
Welchen Stellenwert hat der Titel für dich?
Einen sehr hohen – er bedeutet mir sehr viel.
Welchen Sieg stufst du höher ein 2014 oder jetzt?
Eindeutig denjenigen von 2019.
Warum?
Ich musste viel mehr dafür tun. 2014 ging alles wie von selber und in diesem Jahr hatte ich zwischendurch Mühe mich zu fokussieren und ich wusste zwischendurch auch nicht genau, wo ich stand und wie es weitergeht. Deshalb auch die Erkenntnis heute nach dem zweiten Streich.
Durch das Punktesystem ist es schwieriger in einer starken Mannschat die SM zu gewinnen als in einer eher schwächeren. War das für dich mehr Belastung oder Motivation?
Eindeutig Motivation. Wir puschen uns gegenseitig und treiben uns zu guten Leistungen an. Weil wir so viele gute Einzelschläger haben, motiviert das den einen oder anderen sicherlich dazu noch etwas mehr für den Erfolg zu arbeiten.
Wie muss ich mir den Kampf innerhalb der Mannschaft bei euch vorstellen?
Es ist ein gesunder kameradschaftlicher Wettkampf. Durch unseren guten Teamgeist, bei dem jeder dem anderen alles gönnt, haben wir eine ideale Basis einander gegenseitig zu motivieren und einen gesunden Konkurrenzkampf zu betreiben.
Ist das auch eine Genugtuung für den verpassten Königstitel am Eidgenössischen im letzten Jahr?
Nein, das ist Sport und das ist vorbei. Sport lebt vom Moment und wenn ein Wettkampf vorbei ist, muss man immer nach vorne schauen und sich auf das nächste Ziel fokussieren. Das eine hat also nichts mit dem anderen zu tun.
Wie läuft nun die weitere Saisonplanung und was für Ziele hast du noch?
Weil das Bernisch-Kantonale Schwingfest am gleichen Datum wie das Interkantonale in Oberönz ist, werde ich nur ein Hornusserfest absolvieren. Natürlich ist es mein Ziel an diesem meine Bestleistung abzurufen und auch mit der Mannschaft ein möglichst positives Resultat zu erreichen.
Vielen Dank für dieses Interview und viel Glück an den Hornusserfesten.
Danke!
Höchstetten wird zum dritten Mal in Serie Schweizermeister. Die unbestritten stärkste Mannschaft der Gegenwart hat in diesen drei Jahren in 45 Meisterschaftsspiele nur gerade zwei Nummern kassiert. Es zeigt, dass die Oberaargauer nicht nur am Bock einsame Spitze sind, sondern auch Ries Meister ihres Fachs. Die Mannschaft versteht es trotz oft deutlicher Überlegenheit auf dem Papier, sich für jedes Spiel immer wieder neu zu motivieren und auch vermeintlich schwächere Gegner jederzeit ernst zu nehmen. Das zeugt erstens von grosser Sportlichkeit und Respekt, zweitens von Professionalität und absoluter Siegermentalität. Diese Eigenschaften sind das Resultat einer klaren und guten Führung. Die von den Spielern verlangte Einstellung wird von der Spielleitung vorgelebt, Transfers werden sorgfältig nach deren Integrationsfähigkeit ins Mannschaftsgefüge geprüft und der sportliche Erfolg steht an erster Stelle. Zudem herrscht in der Mannschaft ein Sportsgeist, welcher auf gegenseitigem Respekt und der Freude an der Leistung des Mannschaftskollegen – egal ob dadurch die eigenen Ambitionen zurückgebunden werden – geprägt ist. Auch das eine Eigenschaft, wie sie nur in grossen Mannschaften zu finden ist. Dass Höchstetten mit Stefan Studer den Sieger der Einzelkonkurrenz, mit Simon Erni den Dritt- und mit Michael Kummer den Viertplatzierten derjenigen stellt, rundet das Bild einer kompletten und beeindruckenden Mannschaft ab. Höchstetten ist aktuell eindeutig das Mass aller (Hornusser)Dinge und ein verdienter und würdiger Schweizermeister.
Ueli Schwaller, MeKo EHV