• Beitrag veröffentlicht:15.04.2025
  • Beitrags-Kategorie:Portraits

Der Saisonstart nach dem langersehnten Titel Schlägerkönig

Bevor wir auf die aktuelle Saison eingehen, wie war dein Winter nach dem Titelgewinn?
Ich trage immer noch sehr viel Freude in mir.
Das Erlebnis, das Eidgenössische bei uns zu Hause zu gewinnen, ist einfach unbeschreiblich. Es geht dabei nicht nur um den persönlichen Titel, sondern vor allem um das, was wir als Mannschaft, als Gesellschaft und als Dorf gemeinsam erreicht haben.
Manchmal kommt mir das alles immer noch surreal vor und ich frage mich, wie es überhaupt möglich war und wie perfekt alles abgelaufen ist. Eine Geschichte könnte man nicht besser schreiben.
Dieses Fest werde ich mein Leben lang in bester Erinnerung behalten.

Hat sich für dich etwas geändert seit dem Titel?
Eigentlich nicht. Ich habe das Gefühl, dass ich die Sache immer noch mit der gleichen Einstellung angehe wie vorher. Was sich jedoch verändert hat, ist eine gewisse Lockerheit, die ich jetzt in mir spüre. Mir ist auch bewusst geworden, welchen Druck ich mir in der Vergangenheit selbst auferlegt habe.

Wenn wir kurz zurückblicken: Den Sieg in der Einzelwertung der NLA hast du im letzten Spiel knapp verfehlt. Wer vor Ort war, hat gemerkt, dass die Enttäuschung gross war. Beim Königsstich war der letzte Abschlag, wie auch in der Meisterschaft nicht ideal. Hast du dafür eine Erklärung?
Ich gehe immer mit dem Ziel an den Start, mein Bestes zu geben und jeden Schlag optimal zu treffen. Direkt nach dem Spiel war die Enttäuschung gross, weil ich wusste, dass ich die Meisterschaft hätte gewinnen können, wenn alles nach Plan gelaufen wäre.

Stefan Studer nach dem letzten Meisterschaftsspiel 2024

In dieser Saison habe ich mir einige Spiele, unter anderem das letzte Meisterschaftsspiel, als eine Art Hauptprobe vorgenommen. Es war mir extrem wichtig, dass das nicht schiefgeht, da ich mir selbst beweisen wollte, dass ich es kann.

Im Nachhinein bin ich froh, dass es so gekommen ist. Es hat mir gezeigt, dass ich noch einmal intensiver daran arbeiten muss und genau das habe ich dann auch mit meiner Mentaltrainerin getan.

Wir haben gemeinsam festgestellt, dass ich zu verbissen war. Aus diesem Grund haben wir im Mentaltraining sogenannte Anker gesetzt, damit ich in solchen Situationen künftig besser reagieren kann.

Diese Erkenntnisse waren entscheidend für den Erfolg beim Fest. So konnte ich bis zum letzten Schlag im Königsstich alle Streiche perfekt treffen.

Was war der Grund, dass dir dein letzter Streich nicht optimal geglückt ist?
Für mich ist es wichtig, dass bei einem so grossen Anlass wie dem Königsstich die ganze Situation so „normal“ wie möglich bleibt – also so, wie es die Teilnehmenden gewöhnt sind. In der Zeit zwischen den einzelnen Streichen, während ich auf das Ergebnis wartete, bin ich aus meiner Spannung rausgefallen und habe plötzlich alles um mich herum intensiver wahrgenommen. Besonders die Information des Speakers, dass ich „nur“ einen 19er benötige, hat mich völlig aus dem Konzept gebracht. Ich finde, dass solche Infos in Zukunft erst nach beiden Streichen bekannt gegeben werden sollten, um nicht unnötig die Konzentration zu stören.

Was waren deine Gedanken, als du den Bockstand verlassen hast?
Am liebsten wäre ich in diesem Moment im Boden versunken. Ich hatte das Gefühl, dass der Hornuss im Bereich des 19ers landen könnte, aber irgendwie hatte ich keine Hoffnung, dass es ausreichen würde. Der Gedanke, dass mir das schon wieder passiert, war wirklich schlimm. Es war mir sehr peinlich, da zu stehen und auf das Ergebnis zu warten, deshalb wollte ich mich am liebsten sofort zurückziehen. Die Erlösung, als ich die Information bekam, dass es doch gereicht hat, war unglaublich gross.

Was hältst du vom Königstich?
Ich finde den Königstich für unseren Sport genial und sehr attraktiv für die Zuschauer. Für denjenigen, der die 1. Stärkeklasse gewinnt, ist es allerdings eine schwierige Ausgangslage. Er kann eigentlich nur verlieren, so wie es mir in Walkringen 2018 ergangen ist, als ich die Wertung der 1. Stärkeklasse klar gewonnen habe.

Ich finde, dass der Modus vom Verband einmal festgelegt werden sollte und dann immer gleichbleiben muss. Es darf nie wieder passieren, was in Lyss passiert ist, als man Martin Stettler ganz klar um die Krone betrogen hat.

Wie ist für dich der Stellenwert des Titels „Schlägerkönig“ im Vergleich mit dem Gewinn in der 1. Stärkeklasse?
Für mich ist das nicht wirklich vergleichbar. Meiner Meinung nach ist es einfacher, in guter Form vier Treffer in kurzer Zeit zu landen, als über zwei Tage oder eine ganze Saison hinweg eine konstante Leistung zu bringen. Trotzdem bleibt der Königstitel im Hornussen das Höchste, was du erreichen kannst, da nur wenige Spieler die Möglichkeit haben, um die Krone zu kämpfen. Aus diesem Grund hat dieser Titel auch für mich einen unglaublich hohen Stellenwert.

Siegertrio Königstich 2024

Du konntest für dich persönlich deine grossen Ziele erreichen. Zudem der Fest-Sieg mit der Mannschaft und das ausgerechnet am Heim-Fest. War das besonders speziell?
Für mich persönlich war es eine absolut geniale Entschädigung nach all den zum Teil bitteren Niederlagen in der Vergangenheit. Es ist einfach eine wunderschöne Geschichte, dass all das ausgerechnet zu Hause erreicht werden konnte. Was unser Team in den letzten Jahren geleistet hat, macht mich unglaublich stolz.

Seit einigen Jahren gehörst du zu den Besten und entsprechend auch zum Favoritenkreis. Hattest du den Eindruck, dass sich nun, da es endlich geklappt hat, mehr Menschen für dich gefreut oder es dir gegönnt haben?
Das habe ich besonders im Vorfeld während der Aufbauarbeiten mit der Dorfbevölkerung, den Bekannten, Freunden und meiner Familie wahrgenommen. Ich habe festgestellt, dass ich in der Vergangenheit oft das Gefühl hatte, es würde von mir erwartet und deshalb setzte ich mich selbst unter Druck. Diesmal habe ich jedoch gemerkt, dass es eigentlich so ist, dass mir alle das Beste wünschen und sich mit mir freuen würden. In der Vorbereitung war das sehr hilfreich, da ich diesen Druck nicht mehr so stark gespürt habe, der mir früher oft Probleme bereitet hat.

Ein Grossteil des Teams war bei der Organisation sehr aktiv und hat der Hornusser-Familie ein grossartiges Fest beschert. Wie viel Einfluss hatte dieses Engagement auf die sportliche Vorbereitung?
Im Vorfeld hatten wir grossen Respekt davor, alles unter einen Hut zu bringen und wollten aus den Fehlern und Erfahrungen von 2009 lernen. Die Aufbauarbeiten bei dieser Hitze waren körperlich sehr anstrengend. Schon bei der Planung war uns klar, dass die Erholung eine entscheidende Rolle spielen würde. Die Spiko hat in der Vorbereitung wirklich hervorragende Arbeit geleistet. Wie anstrengend der gesamte Anlass war, wurde vielen erst richtig bewusst, als danach wieder etwas Ruhe einkehrte.

Heute stand für dich das zweite Meisterschaftsspiel in Wichtrach auf dem Programm. Da ihr dieses Wochenende eine Doppelrunde spielt, wird es morgen bereits das dritte sein. Was ist dein Fazit zum heutigen Tag?
Es war sehr ernüchternd. In den letzten Jahren habe ich bemerkt, dass mir persönlich oft die Sicherheit und Konstanz fehlen. Besonders heute fühlte ich mich nicht bereit und wusste nicht genau, welche Fehler ich gemacht habe. Diese Unsicherheit in solchen Momenten auszublenden, ist entsprechend schwierig. Aber das gehört dazu und macht einen letztlich stärker.

Stefan Studer Meisterschaftsspiel in Wichtrach 2025

Gibt es etwas, das du fürs morgige Spiel anpasst?
Es ist für mich wichtig, jedes Spiel und die Streiche, die nicht gelungen sind, zu analysieren. Nur wenn ich das abschliessen kann, bin ich in der Lage, mich auf das neue Spiel zu fokussieren und den perfekten Streich für mich zu visualisieren. Neuer Tag, neues Glück.

In der ersten Runde haben euch Bern-Beundenfeld A und Wäseli A überschlagen. Wie schätzt du die Stärke eures Teams ein?
Wir wissen, was wir können und auf welche Aspekte wir uns konzentrieren müssen. Wir haben einen sehr starken Kader. Wir haben noch etwas Luft nach oben und das ist auch gut so. Denn wir wollen uns von Spiel zu Spiel weiter steigern. Wir sind auf einem sehr guten Weg.

Was sagst du dazu, dass der Schwingerkönig Christian Stuck wieder aktiv mitmacht und bereits in der ersten Runde geglänzt hat?
Ich freue mich sehr, dass er nun wieder beim Hornussen anzutreffen ist. Er war früher ein Hornusser und ich habe es verstanden, dass es während seiner erfolgreichen Schwingerkarriere zeitlich nicht möglich war, sich dem Hornussen zu widmen. Für mich ist er eine echte Bereicherung für unseren Sport. Es ist schön einen solchen Sportler in unseren Reihen zu haben.

Ich war beim zweiten Umgang vor Ort, wir haben uns begrüsst. Die Gratulation muss ich wohl noch nachholen.

Du hast ebenfalls ein paar Jahre aktiv geschwungen und durftest unter anderem mit Christian Stucki als Teil des Berner Teams am ESAF antreten. Was hast du aus dieser Zeit mitgenommen?
Für mich war es etwas vom Schönsten, was ich im Schwingen erleben durfte, ein Teil des starken Berner Teams zu sein. Als ich in meinen Anfängen gesehen habe, wie spezifisch die Topathleten im Schwingen trainieren, war mir klar, dass es für mich nur diesen Weg gibt und dass ich das gleiche Engagement auch im Hornussen umsetzen muss. Von Christian Stucki und auch von Matthias Sempach habe ich unglaublich viel lernen können. Beide mussten Rückschläge einstecken, bevor sie Schwingerkönig wurden und genau diese Resilienz hat mich beeindruckt und inspiriert.

Du hast beim Schwingen viel gelernt und umgesetzt, was dir nun beim Hornussen nützlich ist. Du warst vor dem Meisterschaftsstart am Ausbildungstag dabei. Was konnten die Teilnehmenden von dir lernen?
Ich finde, dass dieser Anlass ein grosses Potenzial für unsere Nachwuchsförderung bietet. Es ist jedoch sehr wichtig, dass auch die Betreuer der Nachwuchshornusser vor Ort sind, damit der Austausch reibungslos funktioniert. Die Jungen kommen, um zu profitieren und deshalb muss man eine gute Plattform schaffen, die ihnen echten Mehrwert bietet. Nur so können wir sicherstellen, dass sie im nächsten Jahr wieder kommen und weiterhin von der Veranstaltung profitieren.

Was sind die Ziele für diese Saison als Team und persönlich?
Mit der Mannschaft wollen wir kein Numero kassieren und den Schweizermeistertitel verteidigen. Wir streben zudem an, die Feste zu gewinnen, was jedoch nur mit einer fehlerfreien Riesarbeit möglich ist.

Persönlich wäre es schön, wenn ich es wieder einmal schaffen könnte, Schweizermeister zu werden. Der interne Konkurrenzkampf ist jedoch sehr hoch, was es sicher nicht einfach macht.

Ist die starke Konkurrenz im Team der Grund für die Erfolge der letzten Jahre?
Aus meiner Sicht macht es dich stärker, wenn du in einem starken Team mit vielen Spitzenschlägern spielen kannst. Wenn du dich bereits im Training mit ihnen messen kannst, wirst du besser und lässt nicht nach. Wichtig ist jedoch auch, dass du deinen Teamkollegen den Erfolg gönnen kannst. An erster Stelle steht das Team. Es ist das Besondere an unserem Sport, dass man als Teil des Teams Erfolge feiern kann, aber auch als Einzelperson seine eigenen Erfolge erzielt.

Gibt es noch etwas, was du beim Hornussen erreichen willst?
Für mich ist dieser Titel die Erfüllung eines Kindheitstraums und damit eine grosse Genugtuung. Als Kind war ich oft mit meinen Grosseltern, die in Zuchwil wohnten, spazieren und habe dabei das Training unter anderem von den Gebrüdern Binggeli und Jürg Eggimann beobachtet. Damals habe ich mir das Ziel gesetzt: Ich möchte auch einmal so gut werden wie sie. Sie haben mich in jungen Jahren sehr geprägt.

Was tut ihr als Team dafür, dass ihr weiterhin an der Spitze bleiben könnt?
Es ist nicht einfach, das hohe Niveau zu halten. Der Nachwuchs hat heutzutage oft auch andere Interessen, die neben dem Hornussen wichtig sind. Für mich gab es in diesem Alter nur Hornussen und ich habe alles für diesen Sport gegeben. Wir diskutieren intensiv darüber und suchen kontinuierlich nach Wegen, um auch in Zukunft an der Spitze zu bleiben.

Das ist ein Prozess, der nie endet und über Jahre hinweg durch eine durchdachte Vereinsstrategie geführt werden muss.

Für mich ist Wäseli eine Vorzeigegesellschaft, die seit jeher an der Spitze dabei ist.